Leseecke

22 Bahnen um dem Chaos zu entfliehen

Geschichten, die das Leben schreibt - eine Leseempfehlung für jede Jahreszeit.

Von Anja Meyer

Die Hauptfigur Tilda lebt in einer Kleinstadt, steht am Ende ihres Mathestudiums, jobbt im Supermarkt und schwimmt im Freibad so oft es geht ihre 22 Bahnen. Dass sie kein gewöhnliches Studentinnen Leben führt, offenbart sich im Roman nach und nach. Denn Tildas Mutter liegt meistens betrunken auf dem Sofa und so muss sich Tilda auch um ihre zehnjährige Schwester Ida, den Haushalt und die Mutter kümmern. Eigentlich ist sie zu jung für so viel Verantwortung. Zudem möchte sie schrittweise ihr eigenes Leben aufbauen. Vielleicht sogar wegziehen, wie die meisten ihrer Freunde, und die angebotene Promotionsstelle in Berlin annehmen. Immer wieder hadert sie mit ihren Zukunftsplänen und der harten Realität des Lebens. Sie fragt sich, ob sie Ida und die Mutter je wird verlassen können. Wenn sie ihre Bahnen schwimmt, kann sie abtauchen und für eine Weile dem Chaos drumherum entfliehen. Ein Ritual, dass ihr hilft Frust und Kummer abzulegen sowie Klarheit im Kopf zu bekommen. Beim Schwimmen lernt Tilda dann auch Viktor kennen. Dieser zeigt Tilda wieder Perspektiven auf und zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte.

Mit dem Roman «22 Bahnen» ist der deutschen Autorin Caroline Wahl ein viel beachteter Debutroman gelungen. Mit Feingefühl beobachtet und beschreibt sie Tildas Alltag, ihre Sorgen um die zerrüttete Familie und ihre Bemühungen um Zusammenhalt. Caroline Wahl erzählt mit Wärme und Witz in lockerer, junger Sprache, was stark mit den schweren Themen kontrastiert. Der Roman liest sich flüssig und leicht und hat dennoch eine besondere Tiefe.

Das Buch kann  in der Stadtbibliothek ausgeliehen werden.
Caroline Wahl / 22 Bahnen. DuMont, 2023.