Kuriositätenkabinett

Das Seifenköfferchen – oder die Geschichte von Herrn Hüsermann

Erlaubt mir, etwas auszuholen, bevor ich diese erste komische Geschichte erzähle: Seife gibt es schon ewig. Genauer gesagt, wird Seife erstmals bei den Sumerern in einem Keilschrifttext erwähnt. Daraus geht hervor, dass Seife damals als Heilmittel angewendet wurde.

Text: Irène Fiechter

Bild: Sammlung Museum Burghalde Lenzburg

Um nun den Link zu Lenzburg zu machen: Mit ihren Medizinalseifen wurde die Savonnerie de Lenzbourg – in der Region auch unter dem Namen «Seifi» bekannt – etwa 4700 Jahre später erfolgreich. Bald wurden in der Lenzburger Seifenfabrik auch Kernseifen und Seifenflocken hergestellt. Als nach dem zweiten Weltkrieg Waschautomaten für den Haushalt aufkamen und auch noch synthetische waschaktive Substanzen erfunden wurden, verringerte sich der Bedarf an Medizinal- und Kernseifen stark, so dass die Geschäftsleitung der «Seifi» eine strategische Neuausrichtung beschlossen und fortan Spezialartikel wie hochwertige Toilettenseife und andere exotische Produkte fabrizierte. Und da kommt nun eben jenes Seifenköfferchen des Herrn Hüsermann ins Spiel.

Herr Hüsermann war Vertreter, aber nicht etwa Staubsaugervertreter, nein, Herr Hüsermann hatte den Auftrag erhalten, die Seifen der «Seifi» unters Volk zu bringen.
Vertreter, die von Tür zu Tür gehen, waren ja bekanntlich nicht immer willkommen. Aber Herr Hüsermann hatte den Dreh irgendwie raus und wurde in jedem Haushalt herzlich empfangen. Bei einer guten Tasse Kaffee stellte Herr Hüsermann dann jeweils sein blaues Hartplastik-Köfferchen sorgfältig auf den Tisch und präsentierte seine seifigen Kleinode. In diesem Köfferchen zeigte sich Sauberkeit in den unterschiedlichsten Formen. Verschiedene Seifenstücke, alle kreiert für ihre eigene Zielgruppe: Passend zur Mondlandung musste natürlich eine Rakete «für Mondfahrer» in der Sammlung sein. Für Leidende «Nach dem Katzenjammer», für Don Juan der «Herzensbrecher» oder ein rosa Apfel «für Vegetarier». Das passende Produkt gab es auch für «Fussballer-Bräute» und für «Wimbledon-Sieger».
Die Hausfrauen liebten Herrn Hüsermanns Seifen und so wanderte er seit den 1960ern für 20 Jahre sämtliche Türen weit über Lenzburg ab. Klar, dass da auch das eine oder andere Frauenherz für ihn schlug. Herr Hüsermann selbst hatte sich ebenfalls verliebt: In das rundliche, orange Nilpferd in seiner Kollektion.

So oder ähnlich könnte sich die Geschichte rund um den Koffer zugetragen haben.

In der neuen Sonderausstellung «Saubere Sache» kann der Seifenkoffer – sobald das Museum Burghalde wieder offen ist – bewundert werden. Die Ausstellung findet sich in eben jener «Seifi», in der früher die präsentierten Seifen hergestellt wurden. Das Museum Burghalde hat 37 Jahre nach der Schliessung der Fabrik den ‚Betrieb‘ erneut aufgenommen. Als Hommage an die «Seifi» wurden extra für die Ausstellung drei neue, wunderbare Seifen kreiert.