Zeitreise

Hurra! Endlich ist das Schwimmbad wieder offen; ein Blick in die Geschichte der Lenzburger Badi

In den letzten Wochen war die Lenzburger Badi wegen des Corona-Virus geschlossen. In den sehr warmen Mai-Wochen dieses Jahres ein besonderes Ärgernis. Nun endlich steht es den Wasserratten und Sonnenanbeterinnen wieder zur Verfügung. Dies soll zugleich Anlass sein, einen Blick auf die Geschichte des Badens in Lenzburg zu werfen.

Von Christoph Moser

Das von den mächtigen Bäumen der Aabach-Aue gesäumte Schwimmbad Walkematt wurde 1949 eröffnet. Es umfasste damals ein nierenförmiges kombiniertes Nichtschwimmer- und Planschbecken, ein 50-Meter-Schwimmerbecken mit integrierter Sprunganlage und die charakteristischen, ein Halbrund bildenden Garderobengebäude.


Das Schwimmbad 1949.

1991/92 wurde das kombinierte Nichtschwimmer- und Planschbecken durch ein Nichtschwimmerbecken und ein eigenes Planschbecken ersetzt. Ferner wurde ein separates Sprungbecken erstellt und damit die Gefahr behoben, welche die Sprunganlage für die Schwimmer im 50 m-Becken bildete. Schliesslich wurden Wasserfilterungstechnik und Technikgebäude erneuert.

Wo badeten die Lenzburger vor 1949?


In den Jahrzehnten vor 1900 und einige Jahre danach hatte Lenzburg 3 Badestellen am Aabach:
Das Knabenbad befand sich bei der Rossschwemme oberhalb der oberen Mühle, gegenüber der Stelle, wo heute das Einlaufbauwerk der Hochwasserentlastung liegt.
Die beiden anderen Badestellen lagen nördlich des Bahndammes im Bereich des heutigen Werkhofes von SWL Energie AG und Stadtbauamt:
Das Frauenbad, mit Badehaus und separatem Kanal, rechts des Aabachs, unmittelbar nach dem Eisenbahndamm. Die Männer badeten ca. 50 m weiter unten im Aabach; das Badehäuschen des Männerbades lag ebenfalls rechts des Aabaches.


Planausschnitt aus dem alten Übersichtsplan.

Hygiene im Haushalt gegen Hygiene beim Baden


Ab 1890 wird in Lenzburg die allgemeine Wasserversorgung eingeführt. Zugleich werden Kanalisationsleitungen erstellt, die das Schmutzwasser in den Aabach leiten. Die hygienischen Verhältnisse in den Haushaltungen werden damit entscheidend verbessert. Zugleich wirkt sich dieser Fortschritt negativ auf die unterhalb der Stadt im Aabach Badenden aus. Ab 1904 befassten sich der Stadtrat und ab 1907 eine speziell eingesetzte Badplatzkommission mit der Frage, wie man diesen Missstand beheben könne. Man scheute die hohen Kosten einer neuen Anlage oberhalb der Stadt und prüfte verschiedene Lösungen, durch separate Abwasserleitungen das Schmutzwasser erst weiter unten dem Aabach zuzuführen. (Dass man in Lenzburg jegliche unnötigen Kosten zu vermeiden versuchte, war die Folge des Nationalbahnkonkurses vom Februar 1878, welcher die Gemeinde an den Rand des Ruins geführt hatte und ihren finanziellen Spielraum noch jahrzehntelang einschränkte.) Die Mitglieder der Badplatzkommission gelangten aber zum Schluss, «dass einzig und allein durch Verlegung der Badanstalten nach oberhalb der Stadt den vorhandenen Übelständen gründlich und auf die Dauer abgeholfen werden könne.»


Frauenbad um 1910. Quelle: Lenzburger Neujahrsblätter 1950.

So wurde um 1910 das Frauenbad als separates Bassin rechts des Aabaches, etwas oberhalb des Tommasini-Gebäudes (der ehemaligen Walke – daher der Name «Walkematt») errichtet. Gespiesen wurde das Bassin durch einen Zulaufkanal mit Aabachwasser. Nördlich daran anschliessend, also im Bereich des Einlaufbauwerks der Hochwasserentlastung, befand sich das Männer- und Knabenbad. Gebadet wurde direkt im Aabach, dessen Sohle an dieser Stelle tief angelegt wurde. Dank der Wehrschwelle der oberen Mühle blieb der Wasserspiegel auf unveränderter Höhe. Auch nach dem Bau des neuen Schwimmbades 1949 wurde dieser Teil des Aabachs noch lange als Rossschwemme genutzt. Davon zeugt noch immer die vis-à-vis der Wehrschwelle in den Aabach führende Rampe.

Auch die Dörfer bauen Kanalisationen


Wenn die Badplatzkommission geglaubt hatte, mit dieser Verlegung das Hygieneproblem dauerhaft zu lösen, so hat ihr der Fortschritt in den weiter oben am Aabach gelegenen Dörfern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch in diesen Gemeinden wurden später Kanalisationen erstellt und das Schmutzwasser in den Aabach geleitet. Deshalb verschlechterten sich die hygienischen Verhältnisse auch in diesen oberhalb der Stadt gelegenen Badeanlagen. Man musste also erneut nach einer besseren Lösung suchen. Resultat ist unser 1949 eröffnetes, mit sauberem Trinkwasser gespiesenes Schwimmbad.

Übrigens…


Durch den Bau des Abwassersammelkanals Seon-Wildegg, die Inbetriebnahme der Abwasserreinigungsanlage Langmatt in Wildegg im Jahre 1971 und den Anschluss praktisch sämtlicher Liegenschaften an das Kanalisationssystem im Laufe der letzten Jahrzehnte ist heute das Aabachwasser wieder so sauber, dass man darin baden könnte. Aber das Schwimmbad bietet den Wassersportlern ja auch viel mehr als nur sauberes Wasser.
Titelbild: Frauenbad. Aus: «Liebes Altes Lenzburg».