Kuriositätenkabinett

Lass dich überraschen!

«Lass dich überraschen…» sang einer der grössten Entertainer Deutschlands von 1970 – 1975 zu Beginn der gleichnamigen Show. Sein Weg ins Museum Burghalde.

Von Irène Fiechter

 

Rudi Carrel hatte seinen letzten Fernsehauftritt am 2. Februar 2006 wenige Monate vor seinem Tod. Einem jüngeren Publikum mag vielleicht nicht bewusst sein, wie berühmt der gebürtige Holländer in der deutschsprachigen Unterhaltungsindustrie war: von den 1970ern bis zu den 1990ern galt Rudi Carrell als Superstar und war aus der Abendunterhaltung der Heimkinos nicht mehr wegzudenken. «Herzblatt», «Lass dich überraschen» und «Am laufenden Band» hiessen seine wohl bekanntesten Shows, ausserdem war er bei «7 Tage, 7 Köpfe» dabei. Auch als (Schlager-)Sänger feierte er Erfolge.

Aber was hat denn nun ein ehemaliger deutscher Showmaster aus den Niederlanden mit der Sammlung des Museum Burghalde zu tun?
Nun ja, in einem aufwändigen Prozedere wurde die gesamte HERO-Sammlung vor drei Monaten in ein neues Depot gezügelt. Während dem Packprozess kamen einige Besonderheiten zum Vorschein, die lange in den Tiefen der Sammlung verborgen geblieben waren. So eben auch die obige Fotografie mit Rudi Carrel vor einem Stapel HERO-Dosen.



Wie schnell sich einstiger Ruhm verflüchtigen kann, zeigt ein Beispiel aus den eigenen Reihen: Als sich die junge Assistentin beim Verpacken des Sammlungsguts erkundigte, ob der «Mann auf dem Bild» wohl auch ein Direktor oder ein wichtiger Vertreter der HERO gewesen sei, kam der begeisterte Ausruf der in den 1980ern geborenen Sammlungsverantwortlichen: «Ha! Das ist Rudi Carrell!»
«Ist der von HERO Frauenfeld?», kam die Frage zurück und eine längere Erklärung folgte.
Eine Herausforderung in einer Sammlung, wo noch nicht alles in der Datenbank eingetragen ist, sind Objekte ohne Informationen. So ist es auch bei dieser Fotografie. Der Schwarz-Weiss-Abzug wurde einst in der Dunkelkammer entwickelt und trägt ausser den Namen des Fotostudios «Fotografie SUCHEFORT Bremen» keine Datumsangabe und weiterführende Details.
Um so einen Archivfund zu datieren und in die restliche Sammlung einzuordnen, erfordert es Detektivarbeit. Bei Rudi Carrell ist der Vorteil, dass er sehr bekannt war. So kann einerseits eine Bildersuche – die sogenannte typologische Methode – unternommen werden. Ausserdem sind viele Informationen zu seiner Person abrufbar. Beispielsweise, dass Carrell ab 1977 nur noch für eine einzige Firma als Markenbotschafter auftrat, weshalb unser HERO-Bild vorher entstanden sein musste. Seine Haarpracht lässt ebenso Rückschlüsse zu: Die Haare sind noch nicht stark ergraut und die Frisur auf dem Foto trug er zwischen 1972 bis 1977. Die Schriftart und das Layout der grafischen Darstellung auf dem Dosenetikett lässt auch auf die 1970er Jahre schliessen. Da das Foto in Bremen entwickelt wurde, liegt die Vermutung nahe, dass die Veranstaltung, an der diese Aufnahme entstand, auch in Deutschland stattgefunden hat. Nun verrät die Firmengeschichte der HERO, dass in Gross-Gerau nahe Frankfurt am Main bis 1973 eine Tochterfirma bestand. Ein ehemaliger Finanzchef der HERO, der Jahrzehntelang für die Firma arbeitete, konnte zudem die Information beitragen, dass die Veranstaltung ganz sicher nicht in der Schweiz stattgefunden habe.

Das Rätsel der Herkunft des Fotos kann trotz verschiedenen Recherchen also nicht komplett gelöst werden, doch die einzelnen Hinweise halfen, die Suche nach den Hintergründen einzugrenzen und das Objekt einzuordnen.

Haben auch Sie noch Informationen zu geheimnisvollen Objekten des Museums? Ab dem 29. Oktober gibt es bei uns eine neue Station, wo Sie Ihr Wissen oder ihre Erinnerungen mit uns teilen können. Wir würden uns freuen!