Kuriositätenkabinett

Tri tra trallalla …

Im Museum wird nicht rumgekaspert! Oder doch? Die Reise einer kleinen Wanderbühne.

Von Irène Fiechter

 

Ob Chaschperli, Kasperle, Pulcinella oder Guignol, die Handpuppe mit der langen Zipfelmütze, die Streiche spielt und Abenteuer erlebt, dürfte wohl allen etwas sagen. Im deutschen Sprachraum ist «de Chaschperli» mit seinen Mitstreitern seit Ende des 18. Jahrhunderts unterwegs. In Frankreich kasperte der Guignol etwas später los: ab 1810 heckte er mit seinem treuen Freund Gnafron Streiche gegen den Polizisten aus.
Das Handpuppenspiel hat eine lange Berufsgeschichte. Leider begegnete man den Puppenspielern und ihren Familien als Fahrende mit Misstrauen und Vorurteilen. Ihr Spiel jedoch wurde geschätzt, da durch die satirischen Erzählmethoden Dinge behandelt werden konnten, die sonst von den Herrscherhäusern nicht zugelassen wurden. Ein bisschen wie die Fasnachts-Schnitzelbänke heute. Kasper, der meistens mit einer Klatsche ausgerüstet, auf naiv-derbe Weise Probleme löst, war international bekannt. Nicht von ungefähr kommt das englische «slapstick» von Kaspers Schlagstock.
Später waren für den privaten Gebrauch Puppentheater, hinter denen mit den Chaschperlifiguren Geschichten aufgeführt wurden, der letzte Schrei. Die kleinen Bühnen bestanden meist aus drei Holzwänden, die aufgeklappt und so aufgestellt wurden, dass sich eine erwachsene Person dahinter setzen konnte, ohne über die Holzwände hinaus zu ragen.
 

Aus: «König ist unser Kind!» von 1910.

Vor einigen Jahren kam ein sehr nobles Chaschperlitheater von Anfang 1900 ins Museum Burghalde. Das Theater wurde über Jahrzehnte weiterverschenkt und alle Stationen sind heute nicht mehr nachvollziehbar. Es gehörte am Schluss jedenfalls dem Lenzburger Künstler und Publizisten Peter Mieg, der es einst von seinem Freund, dem Künstler und Lebemann Franz Max Herzog geerbt hatte. Zu Franz Max kam das Theater Anfang der 1950er Jahre, als es sein Lebenspartner auf einem Trödelmarkt in Vendôme entdeckte. «Max war nicht dabei, sondern sass in seiner Chaumière, als Philippe keuchend und glücklich das hinfällige, doch so verzauberte Ding heranschleppte.»
Das Guignol-Theaterchen wurde in serieller Produktion hergestellt und ganz offensichtlich auch für Auftritte von Chaschperli und seinem Gefolge benutzt, denn es wies einige Nutzspuren auf.
Kasperletheater Vorher-Nachher

Das weit über hundertjährige, eigentlich sehr simple Rahmenwerk aus Tannenholz ist bemerkenswert stabil. In der Bühnenöffnung ist ein auf Karton gemalter Vorhang, hinter dem sich ein verblichener Stoffvorhang befindet, der mit einer kleinen Kurbel tatsächlich hochgezogen und fallengelassen werden kann. Guignol hatte also einen gediegenen Auftritt, wenn er auf der Bühne erschien. Um die Bühnenöffnung sind allerlei Verzierungen aus Messingimitation angebracht. Auf der Papiertapete auf der Vorderwand ist eine hübsche Jahrmaktszene zu sehen und ganz unten befindet sich eine mit Ölfarbe marmorierte Sockelleiste. Die Tapetenfarbe und die goldenen Verzierungen waren zum Teil abgeblättert und zwei bronzefarbige Elemente waren ganz verschwunden.
Nun, nach seiner langen Reise aus dem tiefsten Frankreich hierher, wurde das Chaschperlitheater im Auftrag der Stiftung Museum Burghalde mit viel Liebe und Sorgfalt von einem Experten für Papier-Restaurierung behandelt und 2020 zurück ins Museum gebracht. Jetzt glänzt es in neuer Pracht und wartet darauf, dass Chaschperli wieder einmal mit Prinzessin und Krokodil Schabernack treiben kann.

Zu sehen war es übrigens während des Gauklerfestivals im Rahmen der Zirkus-Ausstellung im Museum Burghalde.

Damit das restaurierte Chastperlitheater vor Ort betrachtet werden kann, verlosen wir 2 Freitickets für das Museum Burghalde, in der Hoffnung, dass es seine Tore bald für Besucherinnen und Besucher wieder öffnen kann. Eine E-Mail an info@welovelenzburg.ch mit Name, Vorname und Adresse und dem Betreff «I Love Guignol» bis Mittwoch, 3. Februar 2021, 23:59 Uhr, genügt, um mitzumachen. Die Gewinner/innen werden am Donnerstag, 4. Februar 2021, bis 12.00 Uhr, benachrichtigt.