Kuriositätenkabinett

Väterchen Frost

Väterchen Frost, Nikolaus oder Saint Nik? Auf den Spuren der Nikoläuse und ihren Attributen im Museum.

Von Irène Fiechter

 

Auf einem Schlitten, von Rentieren gezogen, zieht er um die Welt und verteilt den lieben Kindern Geschenke. Das Bild des Sankt Nikolaus ist weithin bekannt. Der amerikanische Santa Claus hat mittlerweile das Erscheinungsbild der Figur stark beeinflusst, doch ist er in keiner Weise der einzige und wirkliche Samichlaus.

Edler Schlitten der Familie Hünerwadel im Museum Burghalde

Nikoläuse aus aller Welt

Die Figur, die auf einem Heiligen aus der heutigen Türkei, dem Bischof Nikolaus von Myra, basiert, variiert in Kleidung und Aussehen je nach Kultur. Dann gibt es da auch noch Väterchen Frost. Die russische Version ist keine christliche, sondern eine mythologische Figur. Seit Jahrhunderten ist Djed Moros, beziehungsweise Väterchen Frost, in Märchen und Schriften Russlands nachweisbar. Väterchen Frost erscheint mit dickem weissen Bart und Zepter, dessen Spitze alles, was sie berührt, gefrieren lassen kann. Durchs Jahr wohnt er, naturverbunden, in der Taiga-Wildnis gelegenen Stadt Weliki Ustjug. Seinen Schlitten, die Troika, lässt er von drei Schimmeln oder Rentieren ziehen. Anstatt eines roten trägt Väterchen Frost einen eisgrauen, mit Blautönen durchwebten Pelzmantel. Manchmal sind die blauen Fäden allerdings auch gelb oder grün. Zudem tritt Väterchen Frost schlank und durchtrainiert in Erscheinung. Er trägt die traditionellen russischen Filzstiefel «Valenki». Obwohl Väterchen Frost keine christliche Figur ist, wurde er zu Anfang der bolschewistischen Revolution 1917 verboten. Er galt als eine Art Kindergott und war zu «bourgeois»; das klingt zu sehr nach Religion und «Opium für das Volk» dafür war in der Sowjetunion kein Platz.

Väterchen Frost – Illustration von Ivan Bilibin und Valenki-Stiefel.

Neben Väterchen Frost verschwanden unzählige kirchliche Gegenstände und sakrale Bräuche aus der Sowjetunion, da das Christentum und religiöse Feste im Sozialismus verboten waren. Viele dieser Objekte wurden nicht zerstört, sondern verkauft. So fanden etwa einige orthodoxe Ikonen schlussendlich auch ihren Weg zum Lenzburger Sammler Dr. med. Urs Peter Hämmerli. Darunter eine Ikone des Nikolaj die er in späteren Jahren einem guten Freund schenkte. Vor einem Jahr – 22 Jahre nachdem Dr. Hämmerli seine 64 anderen Ikonen dem Museum Burghalde schenkte – fand diese Ikone den Weg ins Museum Burghalde und vollendet die Sammlung.

Nikolaj-Ikone. Seit 2020 wieder in der Ikonensammlung des Museums Burghalde.

Zurück in die Sowjetunion der Anfang der 1930er Jahre. Zu dieser Zeit führte Stalin Väterchen Frost wieder ein – um Unterstützung im Volk zu schaffen. Väterchen Frost wurde so zu einer Art Weihnachtsmann-Ersatz, der die Geschenke jedoch am russischen Silvester bringt.

Nachdem die Sowjetunion in den 1990ern endete, kehrten die meisten Menschen wieder zu ihren traditionellen Weihnachtbräuchen zurück. Väterchen Frost wird heute noch hauptsächlich in Russland zelebriert, ist in der restlichen ehemaligen Sowjetunion jedoch aus der Mode gekommen.

Mit diesem Artikel vollende auch ich diese monatliche Kolumne «Kuriositätenkabinett» und lade Sie jetzt schon herzlich zum russischen Neujahrsfest mit Klavierkonzert am 13.1.2022 im Festsaal der neuen Burghalde in Lenzburg ein.