Kuriositätenkabinett

Zweifel in Lenzburg

Über Wein und Klötzen «Made in Lenzburg»

Von Irène Fiechter

Bild: Sammlung Museum Burghalde Lenzburg

Ich sitze Zuhause und die Kinder in der Nachbarschaft sind seit zwei Stunden ununterbrochen auf ihrem Riesentrampolin. Sie haben Game-Verbot; kein «Fortnite» und auch kein «Animal Crossing». Was hätte dieser Lockdown wohl früher bedeutet? Wie haben sich Kinder vor über 100 Jahren bei Hausarrest die Zeit vertrieben?
Diese Frage stellten sich schon im Jahre 1915 nicht nur Kinder. Carl Zweifel, ein Lenzburger Architekt und Sohn von Alfred Zweifel, auf den hier noch eingegangen wird, war bedeutend für Lenzburg und man könnte sogar sagen für die ganze Welt! Eine schweizerische Spielzeugindustrie gab es in dieser Zeit noch nicht und so schrieb der Schweizerische Werkbund einen Wettbewerb, für Spielwarenentwürfe aus. Architekt Zweifel tüftelte dafür zwischen zwei Militärdienstzeiten im ersten Weltkrieg an einem Holzbaukasten herum. Nach langem Experimentieren entschied er sich für knapp 50 verschiedene Bauelemente und begann selber damit zu spielen. Als er mit 3000 Klötzchen eine Fläche von zwei auf drei Metern bebaut hatte war er vom Resultat überrascht. «Trotz der wenigen Formen von Bauelementen konnte ich ganze Städte aufbauen.»


Er reduzierte seine ‘nur’ 50 Teile nochmals auf ein kleineres Sortiment und entwarf drei verschiedene Baukästen, die sich gegenseitig ergänzen sollten. So konnten Städte oder Dörfer gebaut werden. Wer alle drei (später sogar vier) Kästen hatte, war natürlich komplett ausgerüstet, um ganze Ortschaften zu entwerfen. Zweifel’s Schweizerstädtchen war ein voller Erfolg und wurde durch den schweizerischen Werkbund ausgezeichnet. So entstanden über Jahre in vielen Schweizer Wohnzimmern ganze Siedlungen und die Eltern konnten frühmorgens auf einsame Holzklötze treten, schon bevor die Legosteine Ende 1930er Jahre aufkamen. Als Zweifel an der Basler Mustermesse seine Städte- und Dorfbaukästen ausstellte, wurde sein Produkt weltberühmt. Seine Spielsachen wurden so erfolgreich, dass Carl sich statt dem Hausbau ganz dem Spielzeughäuschenbau widmete. Im obersten Stock des Museum Burghalde ist so ein Original Zweifel-Bausatz mit Skizzen und Modellen ausgestellt. Carl war sozusagen einer der Mitgründer der Schweizer Spielzeugindustrie und der Baukasten war ohne Zweifel ein Erfolg!

Die Familie Zweifel war in Lenzburg übrigens schon länger bekannt und zählte nicht nur Kinder zu ihrer geschätzten Kundschaft. Auch für Erwachsene gab es attraktive Produkte aus dem Hause Zweifel. 1889 von Carls Vater, Alfred Zweifel eröffnet, hatte die Weinkellerei damals schon einen guten Namen. Die Kellerei sah aus wie eine spanische Bodega, mit Fassadenmalereien im maurischen Stil. Das Medaillon unter dem Rundgiebel des Gebäudes zeigt einen Leuchtturm (span. Faro) und wurde zum Markenzeichen der Weine. An all das erinnert der heute noch erhaltene Fassadenabschnitt der ehemaligen Malagakellerei beim Erlengut-Tunnel. Während sich die Kinder also mit dem Bauen neuer Städte die Zeit vertrieben, konnten die Erwachsenen dem spanischen Malaga-Süsswein der Zweifels frönen. Im Museum Burghalde darf man diese edlen Tropfen zwar nicht degustieren, aber mit den Augen geniessen.

Wir verlosen 3 Eintritte für das Museum Burghalde unter denen, die den Baukasten und den Wein sowie viele weitere spannende Objekte live sehen möchten, sobald das Museum wieder offen hat (8. Juni 2020). Eine E-Mail an info@welovelenzburg.ch mit Name, Adresse und dem Betreff «I Love Zweifelbaukasten» bis Mittwoch, 29. April 2020, 23.59 Uhr, genügt, um an der Verlosung teilzunehmen. Die Gewinner/innen erfahren von ihrem Glück bis Donnerstag, 30. April 2020, 12.00 Uhr.